Täglich eine Tour mit Guide
Eigentlich kennen wir schon viel von Jerez. Mein Mann hat deshalb die Idee, bei einer Stadt - Tour mit zumachen, damit wir einen erweiterten Überblick über Jerez bekommen und noch Neues entdecken. Die Tour ist kostenlos, nur gegen Trinkgeld - auf Englisch. Wir finden uns also am Touristen - Informationsstand am Plaza de Arenal ein. Der Kutscher frägt, ob wir eine Rundfahrt machen wollen. Nein, sagen wir, wir machen die Tour mit dem Guide mit. Er lacht und sagt, die Tour gäbe es heute nicht mehr, die war schon um 12.00 Uhr, wir sollten lieber mit ihm eine Kutschfahrt machen. Es finden sich außer uns noch 20 andere Touristen ein. Entweder es ist wieder das spanische "todos los dias" das heute ausfällt, oder der Kutscher will uns abwerben. „Raffiniert, was er uns erzählt, der will halt auch sein Geschäft machen.“ sage ich zu meinem Mann.
So lernt man Spanisch
Die Tour findet statt, aber nicht mit dem Bus, die gibt´s tatsächlich nur um 12.00 Uhr. Diese Stadtführung ist zu Fuß. Nur gut, dass ich nicht meine hohen Schuhe an habe. Der Guide frägt alle woher sie kommen. Cadiz, Córdoba, Almería, Barcelona, Madrid. Wir sind die einzigen Ausländer und die Führung ist auf Spanisch. Unsere Spanischlehrerin wird stolz auf uns sein, dass wir uns eine Stadtführung auf Spanisch reinziehen. So lernt man Spanisch! Wir laufen und stehen zwei Stunden in Jerez herum. Der Guide erklärt, warum es in Jerez einen Plaza de Arenal gibt - was soviel wie ein Platz mit Sand ist - ein Sandkasten also. Und er sagt, Deutschland hatte nur einen Diktator, Spanien hatte sogar zwei! Und er zeigt uns, dass die besonderen Pflastersteine neben dem Plaza de Señor Real, (dem einen Stück Stadtmauer, in dem heute eine Eisdiele und gegenüber der kleine Wallfahrtsort ist) auf dem Boden anzeigen, wo die Stadtmauer ursprünglich entlang gelaufen ist.
Fehlinvestition beim "Señor de Puerto Real"
Da fällt mir ein, dass wir vor drei Jahren Kerzen mit unseren Wünschen und Geld beim "Señor de Puerto Real" gelassen haben, leider haben sich die Wünsche noch nicht erfüllt. Aber wir hatten damals ja das Geld in den falschen Schlitz geworfen und fälschlicher Weise gedacht, es wäre irgend ein Heiliger. Vermutlich sind unsere Wünsche einfach nicht richtig adressiert gewesen - eine Fehlinvestition wie es aussieht.Es sitzt ein Bettler vor dem Puerto. Irgendwie schon komisch. Da gehen die Leute in diese Kapelle rein und werfen dort bereitwillig in eine Kassette Geld, legen Schuhe, Strümpfe, Kerzen und alles mögliche rein und denken, dass das mehr bringt, als dem Bettler vor der Türe etwas zu geben. Der Guide zeigt einen wesentlich kürzeren Weg nach Santiago. Die Gitaneria existiert nicht mehr. Schade.
Geschichte umgeschrieben
Der Guide tritt mit allen TeilnehmerInnen in Dialog, er macht Witze und erzählt spannend. Ich verstehe eigentlich kaum was er genau sagt, aber aus dem Kontext erschließe ich mir einiges. Beispielsweise, dass Jerez lange keine Kathedrale hatte, dass ein Teil der Kathedrale bei einem Erdbeben zerstört wurde und der Balkon vom Glockentrum abgebrochen ist. Und dass direkt unterhalb der Kathedrale der Kanal für die Kloake vorbeifloss. So kann man auch Spanisch lernen. Aber ich vermute, wenn wir jetzt etwas darüber berichten, was wir verstanden haben, dann hat Jerez eine andere Geschichte, als es in den Geschichtsbüchern steht.
Deshalb empfehle ich an dieser Stelle, dass Ihr unbedingt selbst nach Jerez fahren müsst, um die Stadttour mitzumachen. Allein diese Tour ist schon eine Reise nach Jerez wert :-).
